Diese Woche habe ich meine Ruhephasen sehr genossen. Gleichzeitig habe ich mich daran erinnert, dass ich den Trubel und die Lautstärke von vielen Menschen früher als Kind sehr geliebt habe. Und auch heute noch, gibt es Zeiten, in denen ich den Trubel liebe und brauche. Ruhe und Trubel? Geht das? Und ist die Welt lauter geworden oder warum habe ich früher die Ruhe weniger vermisst?
Mood Letter No. 5
“Mamaaaa” höre ich ein Kind vom anderen Ende der Wohnung schreien, während ich mich mit dem anderen in der Küche unterhalte und mein Freund wütende Selbstgespräche im Arbeitszimmer führt, weil irgendetwas scheinbar nicht so läuft, wie er es gerne hätte.
Ruhe. Ich laufe durch die Wohnung, die wie leergefegt ist. Die Familie ist aus dem Haus und ich höre keine “Mamaaa” Rufe, keine Spielgeräusche, nicht einmal ein Klimpern aus der Küche oder ein lautes Lachen aus dem Kinderzimmer. Tief durchatmen. Die Ruhe tut mir gut. Keine Menschen um mich herum zu haben und das Gefühl allein zu sein, fühlt sich an wie eine langersehnte Massage mit Ausblick aufs Meer. Ein Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit, wenn ich an den Trubel denke, der mich schon mein Leben lang verfolgt. Ich brauche den Trubel, er schenkt mir Sicherheit, füllt meine Akkus auf während er sie doch gleichzeitig zu leeren scheint.
Ich erinnere mich an die Zeit, als ich und mein Bruder alt genug waren, um allein zu Hause zu sein. Wir drehten das Radio in der Küche, die sich im Erdgeschoss befand, auf voll Lautstärke während wir oben in unserem Zimmer die Kassetten bis zum Anschlag aufdrehten. Ich hasste die Ruhe, sie machte mir Angst. Unter Menschen fühlte ich mich sicher und geborgen, je lauter desto besser. Es gibt genug Fotos von mir als Kind, wie ich neben Lautsprecheranlagen auf den Partys meiner Eltern einschlafe. Selbst heute löst der Gedanke an viele Menschen und einem wuseligen Umfeld ein angenehmes Gefühl in mir aus. Von vollen Wochenmärkten, lauten Kaffees und trubeligen Familiengeburtstagen kann ich nicht genug bekommen. Ich fühle mich zugehörig ohne dazu gehören zu müssen. Wäre da nicht in der hintersten Ecke meines Körpers das tiefe Bedürfnis nach Alleinsein und Ruhe und eine Erschöpfung, die anklopft, wenn ich es mit dem Trubel übertreibe.
Ich sitze im Wohnzimmer und halte meine warme Kaffee Tasse in der Hand. Meine Augen scannen bereits die geöffnete Spotify Auswahl, damit ich mich für einen Song entscheiden kann. Es ist nicht mein erster Versuch mit Musik in den Tag zu starten. Ich will das Gefühl haben, das laute Musik mir schenkt. Die ersten Töne fühlen sich noch gut an, doch das berauschende Gefühl bleibt aus. Sekunden später schalte ich Spotify wieder aus. Die Lautstärke ertrage ich nicht, sie beschmutzt die erholsame Ruhe.
Das Bedürfnis nach Ruhe wird von Jahr zu Jahr stärker. Hatte ich dieses Bedürfnis früher schon? Oder waren meine Tage insgesamt ruhiger? Liegt es am Erwachsenwerden, an den Kindern oder doch am Internet und Social Media?
Heute schenkt mir die Ruhe Kraft und lässt mich meine eigenen Gedanken wieder hören, sie erinnert mich daran, wer ich bin. Als hätte ich das im Trubel des Älterwerdens vergessen.
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x Caro