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Manchmal spüre ich es nur ganz kurz, dieses eklige Gefühl von Schuld, dass in mich rein kriecht und von mir Besitz ergreifen will. Es kommt und geht, ist nicht einmal eine Minute anwesend und trotzdem versetzt es mir einen gewaltigen Stich ins Herz, bringt mein Happy Face aus dem Konzept und beeinflusst im schlimmsten Fall sogar den Rest meines Tages.
Ich gebe dir die Schuld dafür.
Ich bekomme die Tür in der Küche kaum auf, weil sich dahinter all die Pfandflaschen stapeln, die du seit Wochen wegbringen willst. Ein Blick hinter die Tür und meine gute Laune ist verschwunden. Wie lange dauerte dieser Blick? Ein paar Sekunden? Und schon spüre ich statt der Freude, die gerade noch vorhanden war, ein ekliges Gefühl in mir aufsteigen, das ich dir entgegenschleudern will, damit es die Finger von mir lässt.
“Kannst du nicht mal diese blöden Flaschen wegbringen?”, schreie ich zu dir rüber.
Aber eigentlich ist das keine Frage, auch keine Bitte. Es ist eine Schuldzuweisung. Du bist schuld daran, dass ich die Tür nicht aufbekomme. Und vor allem bist du schuld daran, dass meine gute Laune im Eimer ist. Das nehme ich dir übel. Sehr sogar.
Ich suche die Schuld bei dir. Ich weiß nicht, woran das liegt. Ich will das gar nicht tun. Aber es ist wie ein Automatismus, den ich nicht mehr so leicht abstellen kann. Es ist über die Jahre leichter geworden, die Schuld von mir abzukratzen und dir rüber zu schieben, sodass es mich jetzt echte Überwindung kostet, es nicht mehr zu tun.
Ich bin beeindruckt von den Beziehungen, bei denen es anders läuft. Dort, wo Schuld keine Rolle spielt.
In meiner Beziehung schleicht sich die Schuldzuweisung im Alltag ständig ein. Es sind Kleinigkeiten, doch am Ende des Tages lastet diese Schuld enorm auf unseren Schultern und zerstört Stück für Stück die Momente, die schöne Momente hätten werden können.
Wir schieben uns die Schuld hin und her, als wäre sie eine heiße Kartoffel. Als hätten wir Angst davor, was passieren würde, wenn wir damit aufhören würden.
Ich höre dich schon aus der Küche schimpfen, höre meinen Namen und weiß, dass ich an etwas Schuld bin, dass dir passiert ist.
Wenige Minuten später schimpfe ich deinen Namen, manchmal laut oder nur in Gedanken, das ist egal. Du hörst es trotzdem. Fühlst dich sofort angesprochen, weil du spürst, wie ich dir die Schuld für etwas zuschiebe, dass mir passiert ist.
Dabei will ich einfach nur, dass sich etwas ändert. Ich will, dass du es besser machst. Genauso wie du willst, dass ich es besser mache.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, motiviert mich die Schuldzuweisung in den meisten Fällen zum Handeln. Selbst wenn wir uns streiten, führt die Schuldzuweisung dazu, dass wir über ein Thema diskutieren, uns entschuldigen und in die Handlung kommen.
Die Schuld treibt mich dazu, Dinge wieder gutzumachen. Genauso wie sie dich dazu antreibt, die Dinge anzupacken, die liegen geblieben sind, damit endlich diese eklige Schuld ihre Klauen von dir lässt.
Langsam verstehe ich, warum wir uns ständig die Schuld zuschieben.
Sie ist nicht passiv wie das Schamgefühl, das eher dazu führt, dass ich mich verkriechen oder auflösen will. Schuld ist aktiv. Sie führt zu Veränderungen in meinem Leben, die anders vielleicht gar nicht stattgefunden hätten.
Doch natürlich geht es auch anders, netter.
Die Schuldzuweisung macht uns nicht zu schlechten Menschen oder unsere Beziehung zu einer schlechten Beziehung.
In Zeiten in denen alles wackelig scheint, neue Regeln gefunden werden müssen, Werte auseinandergenommen, wieder zusammengesetzt werden und Missgeschicke an der Tagesordnung stehen, ist die Schuldzuweisung so naheliegend, dass sie zu schnell über meine Lippen kommt.
Doch was ich eigentlich sagen will, ist:
Wenn ich dich anbrülle und dir vorwerfe, dass du Schuld bist an meinem Missgeschick oder meiner Laune, dann will ich eigentlich nur sagen, dass ich gerade keine Ahnung habe, wie ich es dir sonst sagen soll, dass sich etwas ändern muss. Mein inneres Wertesystem schreit auf. Die Pfandflaschen sind sicherlich nur das i-Tüpfelchen. Doch sie überfordern mich gerade mehr, als sie sollten.
Ich brauche Hilfe und zwar von dir. Ich möchte, dass wir ins Tun kommen.
Ich weiß, das hätte ich einfach sagen können.
Carolin.
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