Ich freue mich riesig über jedes Abo und werde mein Bestes geben, dir ein einzigartiges Erlebnis mit diesem Newsletter zu bieten. Ich hoffe, du findest zwischen den Zeilen Antworten auf die Fragen, die du noch nicht in Worte fassen kannst.🤍
Eine Mutter, die ich vorher noch nie gesehen hatte, half mir aus der Klemme und anstatt ihr dankbar zu sein und mich zu freuen, fühlte ich mich nur noch schlechter als vorher. Und weil ich mich schlecht anstatt dankbar fühlte, fühlte ich mich noch schlechter.
Vielleicht kann das jemand nachempfinden.
An diesem Tag regnete es in Strömen und ich hatte den Kinderwagen in der Kita draußen stehen gelassen. Das wäre vielleicht nicht all zu schlimm gewesen, wenn wir nach der Kita direkt nach Hause gegangen wären, doch wir hatten noch mehrere Dinge zu erledigen. Ich verlor auch noch meinen Bibliotheksausweis in der Bibliothek. Ich war viel zu spät dran, um meinen mittleren Sohn pünktlich abzuholen, in dessen Kita ein akuter Personalmangel herrschte und dann vergaß ich auch noch, dass wir mit dem Wäschewaschen in der Kita meines jüngsten Kindes an der Reihe waren. Da stand ich also und hatte keine Möglichkeit die Wäsche mitzunehmen.
Ich wünschte ich wäre weniger emotional gewesen, als auf einmal alles zusammenbrach und ich mir nicht mehr zu helfen wusste. Ich wünschte ich hätte vor den Erzieherinnen und der anderen Mutter weniger geflucht. Immer wieder gehe ich die Worte durch und ich kann mich nicht mehr erinnern, wie viel und wie schlimm ich geflucht hatte. Ich wünschte ich hätte einmal tief durchgeatmet und gesehen, dass alles gar nicht so dramatisch war. Doch ich war gefangen in meinen eigenen Emotionen und eine Welle der Überforderung riss mich mit sich.
Warum habe ich nicht einfach andere Worte gefunden, statt dazustehen und laut herumzufluchen? Wieso hatte ich meine Termine nicht besser koordiniert?
Im Nachhinein ist mir das alles so unangenehm und ich wünschte ich könnte die Zeit zurück drehen.
Vielleicht glaubt mein Kopf er könnte die Situation ändern, indem er sie einfach nur oft genug abspielt. Immer und immer wieder. Aber ehrlich gesagt, fühlt sich das wie Folter an, auch wenn es gut gemeint ist.
Ich glaube ich würde mich weniger schlecht fühlen hätte ich mich alleine irgendwie aus der Situation gerettet. Dass eine Mutter, die ich noch nie gesehen hatte, mir aus der Klemme half, ist mir immer noch unangenehm. Dass ich mich so verletzlich und überfordert gezeigt habe, ist mir unangenehm. Und dass ich darauf angewiesen war, ihre Hilfe anzunehmen ist mir auch bis heute noch unangenehm.
Mit ihrer Hilfe nahm sie mir eine unfassbare Last ab. Und auch das fühlt sich unangenehm an. Als hätte ich ihr eine Bürde auferlegt, damit ich wieder atmen konnte.
Ich frage mich immer wieder wie ich ihre Hilfe hätte vermeiden können. Mein Kopf sucht immer noch nach Lösungen, dabei sind diese jetzt irrelevant. Doch mein Kopf kann nicht anders. Er tut alles damit dieses unangenehme Gefühl aus meinem Bauch verschwindet. Ich will es wieder gut machen und denke daran, wie ich mich bei ihr revanchieren kann, als könnte ich damit eine Schuld begleichen.
Boah, wie ich meine Entscheidungen an diesem Tag bereue.
Dass ich offensichtlich ein Problem damit habe, Hilfe anzunehmen, darum soll es heute nicht gehen. Darüber schreibe ich vielleicht ein andermal.
Ich fühle mich schlecht, weil es so vieles in meinem Leben gibt, dass ich bereue. Wir kennen alle die Sprüche: „Du sollst nichts bereuen“, „Aus Fehlern lernst du“ und „Fehler machen dich stärker“.
Für mich trifft das nicht zu, nicht immer jedenfalls.
Es gab viele Situationen in meinem Leben, die ich gerne auslöschen und an die ich nie wieder denken mag. Es gibt einen Haufen an Situationen in denen ich gerne anders gehandelt hätte oder etwas anderes gesagt hätte.
Es gibt genug Situationen, die mich Nachts nicht schlafen lassen, weil ich in meinem Kopf mögliche Alternativen durchgehe, die nie Wirklichkeit werden können, weil das Erlebte längst in der Vergangenheit liegt.
Manche Situationen sind einfach doof gelaufen. Ich mache Fehler ohne etwas gravierend wichtiges aus ihnen zu lernen. Ich erlebe doofe Situationen, die mich trotzdem nicht stärker machen.
Ich fühle Gefühle, die einfach nur krass unangenehm sind und irgendwie grundlos erscheinen.
Ich muss an das Poster denken, dass in dem Gefühlstagebuch meiner Söhne steckt und muss schmunzeln, weil ich ihnen etwas beibringe, das ich selbst noch lange nicht gelernt habe und vielleicht auch nie komplett lernen werde.
“Alle Gefühle sind gute Gefühle.”
Danke, dass du dir die Zeit zum Lesen genommen hast. Ich hoffe du konntest etwas für dich mitnehmen.
Carolin.
Falls du die letzten Artikel aus der Reihe “Unangenehme Gefühle” verpasst hast, kannst du sie hier lesen:
Möchtest du meine Arbeit unterstützen?
Als kleines Dankeschön bekommen alle zahlenden Mitglieder aktuell ein liebevoll gestaltetes Postkartenset: Zwei besondere Karten + ein Sticker direkt zu dir nach Hause. Außerdem erhältst du Zugriff auf das gesamte Archiv.
Wenn dir mein Newsletter gefällt, du gerne mitliest und Teil dieser Community sein möchtest, dann freue ich mich sehr, wenn du deine Mitgliedschaft erweiterst.
🧡 Werde jetzt Paid Member und hilf mir, diesen Newsletter unabhängig weiterzuführen.
Danke von Herzen an alle, die schon dabei sind. Eure Unterstützung bedeutet mir mehr, als ich in Worte fassen kann.
Wieder voll auf den Punkt gebracht. Es wird bei mir mit dem Alter besser, aber früher habe ich Tage an solchen unangenehmen Situationen geknabbert